Gut besuchter Seniorentag im Stadtteil Semd

Geraune bei der Rede des Vertreters vom Seniorenbeirat

Aus dem Odenwälder-Bote am 07.11.2014 - Bild und Text: Johmann
(Jo) Die Semder Halle war noch hübsch geschmückt von den Veranstaltungen der „Sängervereinigung“ Semd, die sich aus Anlass von „150 Jahren Chorgesang in Semd“ den „Don Kosaken Chor“ eingeladen hatte und am darauf folgenden Abend ihren beliebten „Wein- und Liederabend“ feierte. Vor dieser Kulisse spielte sich nun am Sonntag der Seniorentag ab, den der Musikverein mit flotten Melodien eingeleitet hatte.

Ortsvorsteher Dieter Ohl freute sich, dass die Senioren so zahlreich der Einladung gefolgt seien. In diesem Jahr befinde sich ja Semd in einem wahrhaften Jubiläumsjahr. Viele Vereine hätten 2014 ein Jubiläum feiern können, angefangen vom 25-jährigen Jubiläum des Kindergartens „Heinzelmännchen“, bis hin zum 150-jährigen Bestehen des Chorgesangs in Semd. Die schönen Gemälde auf der Bühne mit markanten Gebäuden des Stadtteils verdanke man Ursula Cordes, wofür er ein herzliches Dankeschön sage. Bedanken möchte er sich zudem bei der Schützengesellschaft „Hubertus“ Semd, die die Bewirtung der Senioren übernommen habe. Ferner möchte er sich bei den Mitgliedern des Ortsbeirates bedanken, die sich ebenfalls an der Ausrichtung des Seniorentages beteiligt hätten.

Grußworte sprachen danach die Umstädter Weinhoheiten, Weinkönigin Sina I. sowie ihre Prinzessinnen Saskia und Anne. Außerdem erzählten sie einiges aus ihrer Biographie. Weinprinzessin Saskia Jungermann konnte dabei sogar mitteilen, dass sie inzwischen erfolgreich die Prüfung zum Busführerschein abgelegt hätte.

Der Erste Stadtrat Diethard Kerkau erwähnte, dass der Seniorennachmittag auf eine lange Tradition zurückblicken könne. Die Senioren hätten aufgrund ihrer Lebensleistung diesen Tag mehr als verdient. Die Gemeinschaft in einem Dorf, so Kerkau, sei sehr wichtig. Der Ortsbeirat hätte sich beispielsweise engagiert bei der Gestaltung des Platzes vor dem Schützenhaus. Die Erweiterung der Trauerhalle hätten etliche Bürger mit Rat und Tat begleitet. Aber, so erinnerte der Erste Stadtrat an das aktuelle Tagesgeschehen, viele Menschen hätten keine solch intakte Dorfgemeinschaft. Vielmehr müssten sie aus ihren Ländern fliehen. Auch Groß-Umstadt und seine Stadtteile müssten sich nun bei diesen Flüchtlingsströmen engagieren und Wohnraum anbieten. Jede Hilfe sei willkommen, egal ob Kleider- oder sonstige Sachspenden. Sprachkurse wären ebenfalls sehr hilfreich.

Michael Dahrendorf vom Seniorenbeirat Groß-Umstadt führte in seiner Ansprache aus, dass er bereits beim letzten Seniorentag in Semd ausgeführt habe, dass es für viele Menschen immer schwieriger werde bezahlbaren Wohnraum zu finden. Inzwischen freue sich der Seniorenbeirat über den Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, den Bau von betreuten Wohnungen auf den Weg zu bringen. Diese etwa 27 Wohnungen sollen auf dem ehemaligen Gelände der Glaserei Münch in Groß-Umstadt entstehen. Allerdings habe der Sprecher des Investors deutlich gemacht, dass der Mietpreis je Quadratmeter zwischen 8 und 11 Euro liegen werde. Somit müssten Interessierte bei einer 60-Quadratmeter-Wohnung und einem Preis von 10 Euro je Quadratmeter 600 Euro an Mietzahlungen leisten. Das würde für viele Rentnerinnen und Rentner bedeuten, dass sie ein Drittel ihrer Einkünfte alleine für die Miete einer Zwei-Zimmer-Wohnung aufbringen müssten.

Das löste nun heftiges Geraune im Saal aus. Denn, die Senioren sind zwar schon älter, aber rechnen können alle noch. Drei Drittel an Rente wären demnach dann 1.800 Euro. Wohl dem der bei der normalen Rente über solch hohe Einkünfte verfügt. Dem anschwellenden Gemurmel nach, dürfte dies wohl bei weitem nicht bei allen so sein.

Im Übrigen verhandle die Stadt über die Verlängerung des Status von 24 Sozialwohnungen. Allerdings gebe es für solche Sozialwohnungen bereits eine Liste von fast 100 Interessenten. Hinzu käme jetzt außerdem noch erforderlicher Wohnraum für Flüchtlinge, welche die Stadt ebenfalls aufnehmen müsse.

Pastorin Bettina von Bremen brachte anschließend mit ihrer Rede einige Sonnenstrahlen in das Dunkle des Älterwerdens. Die heutige Generation 65Plus erhalte nicht nur eine Einladung zum Seniorentag, sondern sie werde mit zunehmenden Alter in der Öffentlichkeit weniger wahr genommen. In den Medien sehe man diese Gruppe eigentlich mehr oder weniger auf einer Parkbank sitzend. Das andere Extrem aber sei: „Oma will nach Thailand!“ (Gelächter im Saal).

Im Gegensatz dazu - und jetzt kommen die Sonnenstrahlen ins Spiel- stehe eine Befragung von 4000 Senioren im Alter zwischen 65 und 85 Jahren. Das Ergebnis zeige eine einzigartige aktive Generation. Einerseits wären viele in einer schlimmen und harten Zeit geboren, aber andererseits hätten sich die meisten ein optimistisches Lebensgefühl bewahrt. Ja, viele fühlten sich weniger einsam und fast alle sich durchweg 10 Jahre jünger. Das sei wohl auch in Semd so, denn so mancher käme erst mit 75 zum Seniorentag, obwohl er schon ab dem 65. Lebensjahr dazu eingeladen sei.

Schön wäre dieses Lebensgefühl für die Kinder und Enkelkinder, denn Opa und Oma unterstützten sie in vielfältiger Hinsicht. Kaum zu glauben aber scheinbar wahr: Die regelmäßigen „Geldtransfers“ der Älteren an ihre Kinder beliefen sich im Jahr auf rund 9,7 Milliarden Euro. Deshalb bedürfe das Bild vom „alten Eisen“ das rostet einer energischen Korrektur. Vielmehr müsse man deshalb von der „Generation Edelstahl“ sprechen.

Nach diesen sehr beeindruckenden Worten gab es erstmal eine Art Wohlfühlmassage durch den Gemischten Chor der „Sängervereinigung“ Semd. Unter der Leitung von Andreas Mohrhard sang der Chor (mit etlichen Sängerinnen und Sängern der Generation 65Plus) die Lieder „Erhebet die Gläser“, „Aber dich gibt’s nur einmal für mich“ und „Halleluja, sing ein Lied“.

Viel Beifall gab es nun auch für die Generation 2 bis 6Plus. Denn jetzt hatten die Kinder vom Kindergarten „Heinzelmännchen“ ihren großen Auftritt. Die fesche Nachwuchsgruppe bot einen lustigen „Oktoberfest-Tanz“ und sie beeindruckte mit dem Laternenlied aus dem aktuellen Sankt Martinsprogramm.

Der krönende Abschluss blieb Heimatforscher Karlheinz Müller vorbehalten. Er zeigte mittels Beamer wie sich die Gemarkungsgrenzen von Semd über die Jahrhunderte hinweg nachhaltig veränderten.

Nicht unerwähnt bleiben soll, dass zu Kaffee und Kuchen der Musikverein aufspielte und auch noch das Abendessen mit Rinds- und Siedwürstchen begleitete. Ein wieder einmal sehr gelungener Seniorentag, bei dem erstaunlicherweise schon etliche „Youngsters“ der Einladung zum Seniorentag gefolgt waren. Auch wenn sie eigentlich gefühlte 10 Jahre jünger sind. Das dörfliche Leben ist halt ganz einfach überaus intakt.