Semder Bürger stemmen sich gegen den Trend und engagieren sich für ihr Dorf

Aus dem Odenwälder-Bote am 25.02.2014 - Bild und Text Johmann
(Jo) Zahlreiche Bürger hatten sich in den Räumen des Nahkauf-Marktes in Semd zu einem kleinen Sektempfang eingefunden. Das hatte seinen guten Grund und den erklärte Karlheinz Müller, bekannt ist er unter anderem als Semder Heimatforscher. Ständig könne man der Presse entnehmen, so Müller, dass in vielen Dörfern die Läden und Gastwirtschaften schließen. Das Dorfleben und die Lebensqualität in den betreffenden Ortschaften werde dadurch einem starken negativen Einfluss unterworfen. Die Politik spreche zwar immer davon etwas dagegen tun zu wollen. So auch die Umstädter Politiker jeder Couleur, die zwar immer und überall betonten, dass die Identität und Infrastruktur der einzelnen Stadtteile sehr wichtig sei und erhalten werden müsse, aber sie würden letztendlich nicht viel dafür tun. Natürlich seien die Haushaltsmittel knapp, beziehungsweise erst gar nicht vorhanden. Aber, so Müller weiter, spiele dies seltsamer Weise keine Rolle wenn es vorrangig um den Ausbau des Mittelzentrums Umstadt geht, nur die Stadtteile hätten fast immer das Nachsehen.

Semd sei derzeit in der glücklichen Lage, dass alles im Ort noch vorhanden ist: Bäcker, Metzger (zählt man die Fleischtheke im Nahkauf-Markt mit, sogar zwei), eine Gastwirtschaft (zwar nur noch eine von ehemals dreizehn, aber immerhin gebe es hier die weltbesten Hähnchen. Außerdem seien in Semd auch noch zwei Friseur- salons ansässig. Und ganz wichtig, es gebe noch einen richtigen Lebensmittelmarkt, in dem man „Alles“ für den täglichen Bedarf einkaufen könne. Allerdings wären hier vor einiger Zeit dunkle Wolken aufgezogen aus denen Unheil drohte: Das Wohn- und Geschäftshaus in der Groß-Umstädter Straße 1 stand seit geraumer Zeit zum Verkauf. Es bestand die akute Gefahr, so machte Müller deutlich, dass das Objekt letztendlich von einem Investor übernommen werde, der dann aus Eigeninteresse eine Gewinnmaximierung bei der Verwendung des Gebäudes zu Grunde gelegt hätte. Dies hätte das Aus für den darin befindlichen Lebensmittelmarkt bedeutet.

Nach dem Motto „Hilf Dir selbst, sonst hilft Dir Keiner!“ wollte man diesem „Super Gau“ für die Semder Infrastruktur entgegenwirken. Mit einer etwas außer- gewöhnlichen Eigeninitiative stemmten sich beherzte Bürger gegen den allgemeinen Trend. Es wurde eine GmbH gegründet und diese „Semmer Bürger GmbH“ übernahm inzwischen das Objekt von den früheren Eigentümern, Gerlinde und Klaus Georg. Der Lebensmittelmarkt könne nun in aller Ruhe weiterbetrieben werden, ohne dass dessen Existenz durch Gewinnmaximierungsgedanken seitens der Objektbesitzer gefährdet wäre. Müller dankte an dieser Stelle den bisherigen Eigentümern Gerlinde und Klaus Georg für die gute Zusammenarbeit während der Verkaufsverhandlungen.

Die Semmer Bürger GmbH, deren Geschäftsführer Karlheinz Müller ist, habe nicht den Lebensmittelmarkt als solches gekauft, sondern lediglich das Gebäude. Der Inhaber des Marktes, Markus Tempir, betreibe weiter den Markt in eigener Verantwortung. Es seien mit dem Ankauf des Gebäudes nur die Rahmen- bedingungen geschaffen worden, die ihm den Weiterbetrieb des Marktes ermöglichen sollen.

Mit dem Fortbestand des Lebensmittelmarktes sei nicht nur die örtliche Nahversorgung für die etwas weniger gut mobilisierten älteren Einwohner sichergestellt, auch Familien mit Kindern könnten weiterhin bequem zu Fuß oder mit dem Fahrrad ihre Einkäufe tätigen. Zumal es sich bei dem Nahkauf-Markt von Markus Tempir um einen „Vollsortimenter“ handele, das heißt man bekomme hier Alles, vom Apfel bis zur Zahnbürste. Aber der Nahkauf-Markt sei ja nicht nur eine gute und nahe Einkaufsmöglichkeit, sondern zugleich auch ein wichtiger Treffpunkt zur Kommunikation für die Semder Bevölkerung, die sich beim Einkaufen im Laden oder auf der Straße auf dem Weg dorthin oder von dort nach Hause treffe.

Die Semmer Bürger GmbH verspreche sich mit dieser Maßnahme auch einen Motivationsschub dafür, dass noch mehr Einwohner von Semd und auch aus der Umgebung diese Einkaufsmöglichkeit weiter nutzen oder neu entdecken. Denn letztlich sei ein guter Geschäftsumsatz des Marktes die beste Garantie für das Fortbestehen auch in Zukunft. Die Semmer Bürger GmbH hoffe, so Müller abschließend, auf viele Jahre guter Zusammenarbeit mit dem Mieter des Nahkauf-Marktes, Markus Tempir, und dem Wohnungsmieter der über dem Markt liegenden Wohnräume, Markus Ohl mit seiner Familie.