Ehrengäste überraschten bei Semder 700-Jahr-Feier mit originellem Sketch

Jubiläumsfeier erwies sich als Publikumsmagnet

Aus dem Odenwälder Bote am 24.01.2012
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(Jo) Die große akademische Feier zum 700-jährigen Bestehen von Semd sollte in der Semder Kulturhalle um 19:30 Uhr beginnen, aber Ortsvorsteher Dieter Ohl bat um Verständnis, dass die Gäste sich noch ein wenig gedulden sollten. Grund war, dass vor der offiziellen Eröffnung der Feier immer noch viele Besucher in die Halle strömten. Obwohl schon die Halle gut bestuhlt war, mussten erst weitere Sitzgelegenheiten geschaffen werden. Der Ansturm auf die Jubiläumsfeier war überwältigend. Landrat Klaus Peter Schellhaas sah das ziemlich gelassen und meinte ein Saal der aus allen Nähten platze, das habe er in Semd eigentlich erwartet.

Nachdem Ortsvorsteher Dieter Ohl die riesige Gästeschar und darunter viele Ehrengäste begrüßt hatte, kam es schon zum ersten Programmpunkt des Abends. Der Gemischte Chor der Sängervereinigung Semd schritt nun zur Bühne, und Axel Bock ließ dazu aus den Lautsprechern die Kirchenglocken erklingen. Unter der Leitung von Andreas Mohrhard sang der Chor die Lieder „Abendglocken", „Über sieben Brücken musst du gehen" und „Weit, weit weg". Das Publikum zeigte sich sehr angetan von diesem stimmungsvollen Einstieg und spendete stürmischen Applaus. Der Ortsvorsteher wies bei dieser Gelegenheit darauf hin, dass die „Sängervereinigung" in zwei Jahren das 150-jährige Jubiläum feiern könne.

Heimatforscher Karlheinz Müller lud jetzt per Beamer alle Jubiläumsgäste zu einer Zeitreise durch die Geschichte von Semd ein. Alles begann mit dem Fund eines Steinbeils aus der Steinzeit, das vor 1900 im Semder Wald gefunden wurde. Das belege, so Müller, dass die Gegend um das spätere Semd schon früh besiedelt war. Der frühere Heimatforscher und Schreinermeister Adam Storck IV. erwähnte in einem Jubiläumsfestbuch die Jahreszahl 836 als Ersterwähnung des Dorfes, das ließ sich aber scheinbar nicht nachhaltig beweisen.
Spuren der Kelten fand man in Semd bei Bauarbeiten in der Hügelstraße, wo ein Keltengrab freigelegt wurde. Im 2. Jahrhundert nach Christus besetzten die Römer das hiesige Gebiet. Es entstanden römische Straßen in der Semder Gemarkung und Gutshöfe errichteten die Eroberer. Im 3. und 4. Jahrhundert verdrängten schließlich die Alemannen die Römer. Von 768 bis 811 gehörte das Gebiet zum Reich der Franken. Der Heimatforscher ließ die Zeit weiter streifen, aber erst das Jahr 1312 manifestierte in einer nachweisbaren urkundlichen Erwähnung das Dorf Semede, wie es damals noch hieß. Es gab noch zahlreiche Namensänderungen und die heutige Schreibweise Semd fällt in das Jahr 1808.

Nach diesem Exkurs in die Dorfgeschichte ging es weiter mit einer Tanzshow der Teeniegruppe von Lena Dörfel. Die Mädels begeisterten mit adrettem Outfit wie Frack und Zylinder und versprühten mitreißendes Broadwayflair.

Den Reigen der anschließenden Grußworte eröffnete der Landrat Semmerisch gerecht mit dem Satz: „Ei gude wie, ihr Semmer!" Ob das mit dem "Platt" weiter so gut klappen würde sei abzuwarten aber er gebe sich Mühe. Ei wo isser dann, de Dufritze Karlheinz, so begrüßte er Plattgerecht den Heimatforscher Karlheinz Müller. Die Ouname der Semmer seien schön und deshalb verrate er auch gerne seinen eigenen Brandauer Ouname. Er heiße nämlich in seinem Heimatort — und das erzeugte ziemliches Gelächter im Saal - „de Bobbel Förschters Peter". Wenn man heute auf 700 Jahre zurückblicke, dann sei diese Zeit gewiss nicht immer einfach gewesen. Nur 9 Menschen überlebten in Semd den 30-jährigen Krieg, viele Menschen wanderten aus im 19. Jahrhundert und trotzdem würden heute in Semd rund 1800 Menschen wohnen und sich wohlfühlen. Viele Vereine bildeten hier den Boden für eine Dorfgemeinschaft die es auch verstanden habe, gemeinsam eine so schöne Feier auszurichten. Bevor er nach Semd gekommen wäre habe er noch einmal ins Lexikon geschaut, was es denn vor 700 Jahren herausragendes gegeben habe. Zwei Sterne wären damals aufgegangen. Einer der Sterne war Heinrich VII., der erste deutsche Kaiser, und der zweite Stern der aufgegangen ist war Semd. Diese Semmer Geschichte sei jetzt vorbildlich im Jubiläumsbuch „700 Jahre Semd" niedergeschrieben worden. Ein Werk das brillant verfasst sei und das man jedem als Lektüre nur empfehlen könne. Als Jubiläumsgeschenk versprach er Semd eine Eiche, die ja bekanntlich sehr langlebig sei und ganz bestimmt das 1000-jährige Jubiläum von Semd noch erleben dürfte.
Bürgermeister Joachim Ruppert meinte zu Beginn seiner Ansprache, dass die Halle so voll ist, das spreche für Semd. Vieles spreche für Semd, das wäre der eigene Kindergarten, die Schule, der private Kindergarten „Heinzelmännchen", die Geschäfte vor Ort und das Gasthaus „Zur Krone", das Vereinslokal für viele Semder Vereine sei. Semd stehe nach 700 Jahren heute gut da und Semd habe sich gut entwickelt. Heute besitze Semd eine Biogasanlage, eine Kompostierungsanlage und einen Wertstoffhof.
Jeder sei stolz auf den Ort wo er wohne, so der Bürgermeister, aber insbesondere die Semmer hätten hier ein ganz besonderes Heimatgefühl entwickelt. Bestes Beispiel wären die weit über die Region hinaus bekannten Fastnachts- veranstaltungen einschließlich der Seniorenfastnacht für alle, die in diesem Jahr das 25-jährige Jubiläum feiern könne. Natürlich müsse an dieser Stelle auch die „längste Bank der Welt" erwähnt werden. Die entstand anlässlich einer KWF-Tagung im Semder Wald. Als die Semmer gehört hätten, die Bank solle an der „Bleiche" in Umstadt aufgestellt werden, habe es in Semd einen Volksaufstand gegeben. Und wo stehe die Bank heute, natürlich in Semd. Deshalb würden die Semmer ja auch als Gallier bezeichnet, die sich ja seinerzeit bekanntlich gegen die Römer nachhaltig zu wehren wussten. Was man an diesem Abend wahrnehme sei ein volles Haus und damit einhergehend ein gelobtes Miteinander im Dorf. Es folgten nun die Grußworte der Bundestagsabgeordneten Patricia Lips und des Landtagsabgeordneten Manfred Pentz, der ebenfalls einen Baum überreichte und zwar einen Ginkgo biloba. Pastorin Bettina von Bremen lobte die Bedeutung des Glaubens für Semd, denn immerhin biete die Semder Kirche mehr Plätze als die Stadtkirche in Groß-Umstadt. Weitere Grüße übermittelten Klein-Umstadts Ortsvorsteherin Erna Macht sowie Friedrich Söder von den Christdemokraten. Er erinnerte an die Zeit von „Klein-Venedig", wo er als Kind noch an der unbefestigten „Uferstraße" Klicker spielte und wo so manch wertvolle Glasmurmel aus der vorbeifließenden Semme gefischt werden musste. Die Groß-Umstädter Weinhoheiten Frauke I. sowie ihre Prinzessinnen Franziska und Sara Christina übermittelten die Grüße der „Odenwälder Weininsel". Stadtrat Franz Peter der sich auch im Naturschutz sehr engagiert rief den Semmern zu, dass es hier endlich wieder einen Storch gebe und der hätte auch jedes Jahr Junge, meistens eins, zwei oder drei und manchmal sogar vier. Im ganzen Altkreis Dieburg gebe es insgesamt nur vier Störche.

Nach diesem offiziellen Teil kam es zu einer kleinen Sketcheinlage. Gestaltet wurde sie von Stadträtin Renate Filip, Heimatforscher Christoph Ohl und dem „Kronen" Wirt Georg Rhein. In geselliger Runde erzählten sie beim Stammtischgespräch (mit original „Kronen" Tischdecke) von den guten und weniger guten Zeiten in Semd. So streiften sie unter anderem die Entstehung der Waldkapelle im Semder Forst, die Pest die 1648 nur 9 Personen überlebten, die Besuche des Räuberhauptmanns „Schinderhannes", die Geschichte von „Klein Venedig" und seinen 13 Brücken, wie es zum Begriff „Semmer Stoarn" kam und die Geschichte der vielen Wirtschaften, wovon es ja nun nur noch die „Krone" gibt.

Nach einer viertelstündigen Pause ging es weiter mit einem weiteren Teil der Dorfge­schichte, sehr unterhaltsam und witzig von Marcel Gruber präsentiert. Interessant war, wie sich das Dorf einwohnerzahlmäßig und vor allem auch flächenmäßig ständig vergrößerte. Viele Fotos aus früheren Jahren dokumentierten wie sich das Dorf auch von seiner Substanz her immer wieder modernisierte und heute mit seinen vielen Neubaugebieten zu einem schmucken Aushängeschild geworden ist.
Indisch wurde es anschließend auf der Bühne, denn es kam zu einem Auftritt der Tanzgruppe von Natascha Birkenfeld. Ein schöner Tanz in hübschen Kostümen, der die Jubiläumsgäste in den indischen Subkontinent entführte.

Viel zu lachen gab es beim anschließenden Auftritt einer Laienschar. Das Starensemble war ausschließlich mit politischer, kirchlicher und weltlicher Prominenz besetzt und spielte, auf Regieanweisung von TV-Chef Ulrich Bock und Ortsvorsteher Dieter Ohl das Stück „der Mond geht auf. Ein Stück das bei den Zuschauern bestens ankam und wofür sich die Jubiläumsgäste mit viel Beifall bedankten.

Der Ausklang des Abends blieb den „Semmer Stoarn" vorbehalten. Die Gruppe, die von Axel Bock geleitet wird, erfreute mit einem Medley der bekannten Semmer Lieder, die alle aus der Feder von Axel Bock standen. Nicht fehlen durfte dabei natürlich der erste „Nummer Eins" Hit: „In Semm bin ich dehoam". Premiere hatte bei der Feier schon der neue Fastnachtsschlager „700 Jahr, moi Semm wie wunderbar". Axel Bock wurde für seine 25-jährige Leitung der „Semmer Stoarn" mit einem Weinpräsent ausgezeichnet und Heimatforscher Karlheinz Müller überreichte ihm den Prachtband zum 700-jährigen Bestehen von Semd. Axel Bock zeigte sich überaus gerührt und rief in den Saal: „Ich lebe jetzt schon seit 33 Jahren nicht mehr in Semd, aber in meinem Herzen bin und bleibe ich immer ein Semmer".

Ein schöner Abschluss eines beeindruckenden Abends, wobei die Semder Vereinswelt den kompletten Service für die über 500 Jubiläumsgäste übernommen hatte. Die Semder Musikanten spielten anschließend zum Tanz auf und noch lange saßen viele Gäste in gemütlicher Runde zusammen. Freuen darf man sich auf die Kerb in diesem Jahr, die ebenfalls ganz im Zeichen des Jubiläums stehen wird. Auch wird es wieder eine Neubürgertaufe geben.

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